Meinung

Baerbock in China: Es kommt so schlimm wie erwartet

Es kam genauso schlimm, wie es erwartet wurde: Die deutsche Außenministerin liefert sich auf der Pressekonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen in Peking einen verbalen Schlagabtausch, belehrt ihn und droht China. Annalena Baerbock hat dem Ansehen Deutschlands erneut geschadet.

Von Gert Ewen Ungar

Wie keine andere steht die deutsche Außenministerin für das Konzept einer Außenpolitik auf Augenhöhe. Zumindest in Form hehrer Bekenntnisse. In der Praxis bleibt davon wenig übrig, wie Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nun auch in China bewies. Augenhöhe ist nicht ihr Ding, Diplomatie auch nicht. Ihr Ding sind Belehrungen und Maßregelungen.

Wie gewohnt trat sie auch bei der Pressekonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen anlässlich ihres Besuchs in China als Lehrmeisterin auf und sorgte dafür, dass Deutschland auf der Beliebtheitsskala in China erneut ein paar Punkte verlor. "Aber ich muss offen sagen, dass ich mich frage, warum die chinesische Positionierung bisher nicht die Aufforderung an den Aggressor Russlands beinhaltet, den Krieg zu stoppen", sagte sie beispielsweise.

Baerbock lieferte sich einen regelrechten Schlagabtausch, belehrte den chinesischen Außenminister Qin Gang über Menschenrechte, zog rote Linien hinsichtlich von Waffenlieferungen Chinas an Russland und warnte China vor den Folgen einer militärischen Eskalation in der Straße von Taiwan. Die Hälfte des weltweiten Handels passiere diese Wasserstraße, daher habe Deutschland ein unmittelbares Interesse.

"Die zunehmenden Spannungen in der Taiwan-Straße beobachten wir mit großer Sorge", nahm sie die übliche Schuldzuweisung vor; als könne der Westen dort kein Wässerchen trüben. Es kam also mindestens genauso schlimm, wie erwartet wurde. Qin verbat sich die Belehrungen.

Baerbock ließ sich nicht irritieren. Waffen darf nur der Westen liefern, nur der Westen darf Öl ins Feuer von Konflikten gießen. Anderen Ländern ist das verboten. Vermutlich ist es das, was Baerbock mit "regelbasierter Ordnung" meint.

Das Wohl der Uiguren war Baerbock ein weiteres Herzensanliegen. Mitglieder der muslimischen Minderheit hatten in der Vergangenheit Terroranschläge in China verübt. China begegnete dem mit Integrationsprogrammen, die von westlichen NGOs als Umerziehungslager bezeichnet wurden. China wies die Vorwürfe bisher stets zurück. Baerbock lässt ihren Kollegen im Amt fühlen, dass sie es besser weiß. "Wo sich Firmen Vorteile auf Kosten der Menschenrechte verschaffen, gibt es keinen fairen Wettbewerb." Westliche NGOs haben ihr die Information gesteckt, und an den edlen Motiven westlicher NGOs gibt es nichts zu bezweifeln.

Sollte der Konflikt um Taiwan eskalieren, dann ist für Baerbock erstens klar, wer die Schuld daran trägt, und zweitens, wie sich Deutschland positionieren wird. Schuld ist China, und Deutschland verbleibt an der Seite der USA, bereit, nicht nur bis zum letzten Ukrainer, sondern auch bis zum vollständigen Ruin der deutschen Wirtschaft für die westlichen Werte und die regelbasierte Ordnung zu kämpfen.

Es bleibt auch diesem Mal wieder unklar, was Baerbock in China wirklich konkret erreichen wollte. Erreicht hat sie, dass man künftig um sie einen Bogen machen wird. So eine Freakshow braucht wirklich niemand, zumal von der Repräsentantin eines Landes, das im Abstieg begriffen ist.

Von den deutschen Medien wird Baerbock für ihren Auftritt selbstverständlich gelobt. Die Tagesschau suggeriert sogar einen Zusammenhang zwischen dem Besuch Baerbocks in China und der offiziellen Ankündigung, dass der chinesische Verteidigungsminister am Sonntag zu Gesprächen nach Russland aufbricht. Wenn Baerbock kommt, ist die Welt in Habachtstellung, ist der Eindruck, den der Beitrag auf der Tagesschau erweckt. Viel weiter von der Realität entfernen kann man sich im Grunde nicht. Baerbock ist absolut unwichtig. Sie vertritt keine eigenständige Außenpolitik eines souveränen Landes, diplomatische Gepflogenheiten sind ihr fremd, sie verhält sich wie ein trotziges Kind – man kann sie übergehen.  

Baerbock hat Haltung gezeigt. Haltung zeigen ist wichtig. Haltung zeigen hat in Deutschland inzwischen Politik, Journalismus und die Kunst der Diplomatie vollständig ersetzt. Man zeigt jetzt Haltung, immer, überall und in voller Penetranz. Unter diesem Gesichtspunkt macht Baerbock ihren Job tatsächlich gut. Baerbock hat in Peking Haltung gezeigt. Eine typisch deutsche Haltung: belehrend, neokolonial, vor allem aber dem Größenwahn verfallen, ohne dazu das notwendige Standing zu haben.

Vermutlich wird Chinas Außenminister Qin froh sein, das Pflichtprogramm des heutigen Tages absolviert zu haben. Jetzt kann er sich den wirklich wichtigen Dingen widmen. Brasiliens Präsident Lula ist nämlich ebenfalls auf Staatsbesuch in China. Der wird Peking deutlich weniger Vorschriften machen als Baerbock, dafür aber die Kooperation im Rahmen der BRICS weiter ausbauen. Eventuell geht es auch um die Ukraine, dann aber sicherlich konstruktiver als mit Baerbock. Die Musik spielt längst woanders. Deutschland und Baerbock haben es jedoch noch nicht gemerkt. 

Die deutsche Außenministerin glaubt noch immer, anderen Ländern Vorgaben machen zu können. Diese Zeiten sind vorbei. Für die koloniale Geste, mit der sich Baerbock präsentiert, ist auf der politische Weltbühne der Vorhang längst gefallen. Das will niemand mehr sehen, und es besteht auch keine Notwendigkeit, sich das künftig anzutun. Es gibt inzwischen Alternativen. Es ist daher absolut klar, dieser Besuch hat Deutschland weiter isoliert. Baerbock hat dem Ansehen Deutschlands erneut Schaden zugefügt.

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